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David Fox im Interview – Retro Gamer

David Fox im Interview

Exklusiv für unsere brandneue Website retro-gamer.de sprach Roland Austinat mit Design-Legende David Fox – nicht nur über alte und neue Grafik-Adventures,

Als Nachschlag zum Klassiker-Check von Zak McKracken and the Alien Mindbenders in Retro Gamer 01/24 und gleichzeitig als Auftakt für die neue Web-Präsenz von Retro Gamer konnten wir David Fox für ein Interview gewinnen. Der 1950 in Los Angeles geborene Designer gehörte zum Kernteam der ersten Entwickler von LucasFilm Games, die etwas später dann LucasArts hieß. Er wirkte an Labyrinth (zum gleichnamigen David-Bowie-Film), Rescue on Fractalus, und Maniac Mansion mit, bevor er mit Zak McKracken and the Alien Mindbenders sein erstes eigenes Projekt leiten durfte. Im Gespräch mit unserem US-Korrespondenten Roland Austinat erinnert sich David Fox an die Zeit bei LucasArts, gibt TV- und Buchtipps und beantwortet die Frage, ob ein Spieldesigner jemals in Rente gehen kann. David Fox lebt mit seiner Frau Annie im Norden von San Francisco.

 

Retro Gamer: Hallo David, hättest du gedacht, dass die Leute auch 35 Jahre später noch über Zak McKracken sprechen? Und dass es sogar Fan-Fortsetzungen des Adventures gibt?

David Fox: Nie im Leben hätte ich mir das vorstellen können! Bei der Veröffentlichung des Spiels war ich sehr zufrieden damit, dachte mir aber, dass es vermutlich etwas zu schräg für die meisten Leute sein würde. Was ich dir jetzt sage, habe ich noch nie erzählt: Jemand in unserem Studio meinte, es wäre ein gutes Spiel, aber höchstens ein B-Titel, vielleicht noch ein B+. Und es würde ganz sicher kein Hit werden. Er hatte teilweise recht. Damals war es kein riesiger kommerzieller Erfolg, aber manche Spieler haben es irgendwie tief in ihr Herz geschlossen – vermutlich sind das Menschen, die ich gerne als Freunde hätte, weil sie meine Art von Humor verstehen.

Wir dachten außerdem, dass unsere Spiele nur ein paar Jahre relevant sein würden, gerade so lange, bis die jeweiligen Hardwareplattformen obsolet geworden wären. Okay, mit einer Version für einen neueren Computer gibt es noch ein paar Jahre dazu, aber Jahrzehnte später? Nie im Leben! Wir konnte uns nicht vorstellen, dass es Emulatoren für alle alten Computer geben oder dass jemand ScummVM erfinden würde.

Retro Gamer: Aliens, ein Verdummungston, Pyramiden, Stonehenge, ein Trip zum Mars – und all das in einem Spiel, das fünf Jahre vor der ersten Folge von Akte X erschienen ist! Wie bist du auf die wilde Story gekommen?

David Fox: Ich hatte mich zum Brainstorming ein Wochenende mit David Spangler zusammengesetzt, einem Spiritualisten und Autor. Ich wusste schon vorher, dass ich ein New-Age-Spiel schreiben wollte, mit allen möglichen abgefahrenen Ideen. Da war David der perfekte mentale Sparringspartner. So entstand eine Liste aller „Power Spots“ der Welt. Dazu kamen Orte, an denen sich ungeklärte Phänomene zugetragen haben, darunter das Marsgesicht und die erste Ufo-Sichtung auf dem Mount Rainier, in dessen Nähe David wohnte. Anschließend war es meine Aufgabe, diese unzusammenhängenden Ereignisse und Orte für die Geschichte unter einen Hut zu bringen.

Retro Gamer: Zak McKracken hat besonders viele Fans in Deutschland und Europa. Hast du eine Ahnung, warum das so sein könnte?

Zak McKracken and the Alien Mindbenders (1988) kombinierte Humor, Puzzles und Verschwörungstheorien.

David Fox: Das habe ich mich tatsächlich oft gefragt. Vielleicht kamen unsere Adventures in Europa so gut an, weil sie komplett lokalisiert worden sind, während andere Adventure-Studios sich nicht die Mühe gemacht haben? Vielleicht, weil unser schräger Humor auf der gleichen Wellenlänge liegt? Vielleicht, weil meine Familie aus Osteuropa kommt? Es ist mir bis heute ein Rätsel.

Retro Gamer: Schon vor über drei Jahrzehnten hattest du einen männlichen und drei weibliche Hauptpersonen – und das hat niemanden gestört. Versteckt sich da eine Botschaft für die Spieldesigner von heute?

David Fox: Ja: Frauen als Hauptpersonen sind nicht der Tod eines Spiels! Und davon abgesehen: Alle vier Hauptpersonen waren ganz normale Leute. Intelligente Problemlöser. Sie hatten keine Superkräfte, vielleicht konnten sich die Spieler deswegen mit ihnen identifizieren.

„Frauen als Hauptpersonen sind nicht der Tod eines Spiels.“

Retro Gamer: Ich werde dich jetzt nicht fragen, wie du auf den Namen Zak kamst, keine Angst. Aber ich würde schon gerne wissen: Wie hat es Annie ins Spiel geschafft? Wie sieht es mit Melissa und Leslie aus, waren das auch reale Freunde von dir? Hast du sie vorher alle um ihren Segen gebeten, in einem Spiel auftauchen zu dürfen?

David Fox: Zak hieß ursprünglich Jason. Wir hatten allerdings ein Brainstorming mit allen Designern und Projektleitern, um das Spiel noch schräger zu machen. Mit dem Telefonbuch von Marin County in der Hand kamen wir zufällig auf Zak, und dann fanden wir darin auch noch den Nachnamen McKracken.Annie Larris ist der Mädchenname meiner Frau, und sie fühlte sich geehrt, im Spiel aufzutauchen. Leslie war die Freundin meines Co-Designers und -Programmierers Alan Kane und hat obendrein als Testerin für Zak gearbeitet. Melissa war Ron Gilberts damalige Freundin. Dass wir den Charaktere die Namen unserer Partnerinnen gegeben haben, war sowohl ein Easter Egg als auch ein Weg, ihnen zu zeigen, dass wir sie lieben. Und alle waren begeistert, auf diese Weise unsterblich zu werden.

In Maniac Mansion (1988) spielten wir drei aus sieben Teenagern, jeder mit seiner Eigenheit.

Retro Gamer: Sagt oder macht Annie im Spiel Dinge, die die echte Annie gesagt oder gemacht haben könnte?

David Fox: Wahrscheinlich – ich hatte definitiv „meine“ Annie im Kopf, als ich die Dialoge geschrieben habe. Wobei die Annie im Spiel sich in anderen Dingen auskennt als meine Annie.

Retro Gamer: Was vermisst du, wenn du heute an die Spielentwicklung im Jahr 1988 denkst?

David Fox: Ich vermisse das Arbeiten auf der Skywalker Ranch! Ich vermisse die wundervolle Kameradschaft, die wir hatten. Und unsere Arbeitskultur – wie leicht es war, im Büro eines Kollegen aufzukreuzen und um einen Tipp für ein kniffliges Problem zu bitten. Bei der Arbeit an Thimbleweed Park und Return to Monkey Island habe ich definitiv wieder dieses Gefühl gehabt! Nur eben ohne die Ranch. Wobei es auch Spaß macht, daheim zu arbeiten.

„Es ist so schön, viel, viel schnellere Computer zu haben!“

Retro Gamer: Dann mal andersherum gefragt: Was gefällt dir besonders daran, ein Spiel im Jahr 2023 zu entwickeln?

David Fox: Viel, viel schnellere Computer zu haben! Etwas im Programmcode auszuprobieren und es dann ein paar Sekunden später zu sehen, ist so viel besser als fünf Minuten zu warten – wie so oft Mitte der 1980er. Und sich keine Sorgen darüber machen zu müssen, dass das Spiel auf ein paar Disketten passt – oder in einen 48 oder 64 KByte großen Hauptspeicher! Das ist sehr befreiend.

Retro Gamer: Welche Zeit ist die bessere, um ein Spieler zu sein? 1988 oder 2023? Sind Computer- und Videospiele heute besser aufgestellt, als sie es vor 35 Jahren waren?

David Fox: Wir hatten damals vielleicht mehr Chancen, mit verschiedenen Genres zu experimentieren. Ich würde mir wünschen, dass heute mehr Studios größere Risiken eingehen und dem Trend widerstehen, noch einen weiteren Shooter zu entwickeln.

Retro Gamer: Stichwort Risiko: Du bist ein ausgebildeter Ingenieur, Buchautor und Spieldesigner. Mal vom Spieldesign abgesehen: Hat David Fox einen Traumberuf, dem er in einem anderen Leben nachgehen würde?

David Fox: Ich würde nicht „ausgebildeter Ingenieur“ sagen. Ingenieurwesen war mein Hauptfach im ersten Jahr an der UCLA, mit jämmerlichen Resultaten. Daraufhin habe ich mein Hauptfach zu „Unentschlossen“ geändert [in den USA muss man sich an manchen Unis nicht sofort festlegen, was man studieren will, Anm. der Red.] gewechselt und Psychologie ausprobiert. Aber mir gefiel das Programm des Lehrstuhls nicht. Ich wechselte dann von Los Angeles an die California State University in Sonoma, die einen Studiengang namens Humanistische Psychologie anbot – sehr New-Age-lastig! Und ich habe mich wie zu Hause gefühlt. Tatsächlich habe ich mehrere Jahre als Counselor gearbeitet, bevor ich zu Computern und Spielen gewechselt bin. Mein Traumjob … das wäre die Entwicklung eines interaktiven Freizeitparks. Also etwas wie Disneyland, mit dem Unterschied, dass sich alles ständig verändert und immersiv ist.

Das alte LucasArts-Dreamteam Ron Gilbert, Garry Winnick und David Fox schufen Thimbleweed Park (2017).

Retro Gamer: Michael Caine hat unlängst gesagt, dass er sich mit 90 Jahren vom Schauspielerdasein zurückziehen möchte. Bis dahin hast du noch etliche Jahre Zeit, und du hast ja erst 2022 am schon erwähnten Return to Monkey Island mitgewirkt. Trotzdem die Frage: Kann ein Spieldesigner jemals in Rente gehen?

David Fox: Ich werde ein Spieldesigner sein, bis ich diese Existenzebene verlasse, um es mit Zak McKracken auszudrücken. Vielleicht werde ich nicht aktiv Programmzeilen in die Tastatur tippen, weil die Arbeit an einem Projekt ziemlich intensiv sein kann, aber ich werde immer wie ein Designer denken.

Viel hätte schiefgehen können bei Return To Monkey Island (2022) – aber Gilbert und Fox überzeugten die Fans.

Retro Gamer: Deine Frau und du sind gerne in der Natur und der weiten Welt unterwegs, wie eure Instagram-Konten @davidbfox und @annielfox eindrucksvoll zeigen. Davon abgesehen: Was macht du sonst so in deiner Freizeit? Hast du Lieblingsautoren oder Fernsehserien? Spielst du am Ende Computer- und Videospiele?

David Fox: Ich habe gerade erst die Silo-Buchtrilogie durchgehört, nachdem ich die erste Staffel im Fernsehen gesehen hatte. Die Bücher sind ausgezeichnet, und weil die Serie oft von der Vorlage abweicht, fühle ich mich da auch nicht sehr gespoilert. Mein Lieblingsbuch der letzten paar Jahre ist Project Hail Mary von Andy Weir. Ein Buch, das lustigerweise echte Adventure-Gefühle in mir erweckt hat, insbesondere, was das Lösen von Problemen angeht. Ein wirklich sehr befriedigendes Lese- beziehungsweise in meinem Fall Hörerlebnis. Außerdem gucke ich gerade Bodiesauf Netflix. Daran faszinieren mich besonders die Zeitreiseaspekte und die komplexe, verwobene Geschichte.

„Ich werde ein Spieldesigner sein, bis ich diese Existenzebene verlasse.“

Retro Gamer: Eine persönliche Frage zum Schluss, damit wir es in unseren Kalender schreiben können: Wie lange sind David und Anthropologe Annie Fox schon verheiratet?

David Fox: Wir feiern im August 2024 unsere goldene Hochzeit!

David Fox mit seiner Frau Annie und dem Familienhund.

Retro Gamer: Großartig! Bis dahin und natürlich darüber hinaus dir und euch alles Gute – und vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Roland Austinat.


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